Als Büroangestellter braucht man keine Berufsunfähigkeitsversicherung? Für Handwerker ist sie immer zu teuer?Und eigentlich ist man ja eh über den Staat abgesichert?
Wer braucht eine Berufsunfähigkeitsversicherung und ab wann ist diese sinnvoll? Wir klären die wichtigsten Fragen rund um den Schutz der Arbeitskraft.
Diffuse Vorstellungen rund um das Thema Berufsunfähigkeit halten sich hartnäckig. Um nur ein paar Beispiele zu nennen:
Das Risiko einer Berufsunfähigkeit wird gerne unterschätzt und verdrängt. Manche Verbraucher pflegen unrealistische oder veraltete Erwartungen, die im Ernstfall bittere finanzielle Folgen haben können. Warum eine Versicherung bei Berufsunfähigkeit auch für Büroangestellte sinnvoll ist und welche staatlichen Leistungen Arbeitnehmer erwarten können, klären wir in unseren FAQ zur Berufsunfähigkeitsversicherung.
Die private Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt einem Versicherten in der Regel eine BU-Rente, wenn er seinen aktuellen Beruf voraussichtlich auf Dauer (meist mindestens mehr als 6 Monate) nicht mehr zu mindestens 50 Prozent ausüben kann. Sie zählt zu den wichtigsten Versicherungen überhaupt.
Vor allem diese drei Gründe sprechen dafür, eine solche Versicherung abzuschließen:
1. Im Schnitt wird jeder Vierte mindestens einmal in seinem Erwerbsleben berufsunfähig. Dieser Befund ist keine neue Entwicklung: Die Versicherungsmathematiker der Deutschen Aktuarvereinigung kommen bereits seit 20 Jahren zu dem Ergebnis, dass es jeden Vierten mindestens einmal trifft.
2. Gesetzliche Leistungen bei einer Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit wurden stark zurückgefahren. Ansprüche aus der staatlichen Erwerbsminderungsrente sind für viele Arbeitnehmer sehr gering. Außerdem wird diese staatliche Rente nur dann ausgezahlt, wenn man so gut wie gar nicht mehr arbeiten kann - und nicht nur in dem zuletzt ausgeübten Beruf.
3. Wer nicht mehr arbeiten kann und seinen Lebensstandard halten möchte, braucht ein zusätzliches Einkommen - zum Beispiel in Form einer BU-Rente.
Verbraucher sind gut beraten, wenn sie sich bei der Suche nach einer passenden Berufsunfähigkeitsversicherung professionelle Hilfe suchen, zum Beispiel bei Versicherungsmaklern.
BU-Versicherungen sind keine Produkte von der Stange, ihr Abschluss meist recht komplex. Diese Versicherungen sind auf die individuelle gesundheitliche und berufliche Situation des Kunden zugeschnitten - und haben entsprechend einen hohen Beratungsbedarf.
Der Bauarbeiter muss seinen Job wegen eines kaputten Knies aufgeben, die Krankenpflegerin wegen eines Bandscheibenvorfalls. Solche beispielhaften Fälle einer Berufsunfähigkeit, ausgelöst durch eine starke körperliche Arbeitsbelastung, sind leicht nachzuvollziehen. Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates waren in der Vergangenheit die häufigste Ursache für eine Berufsunfähigkeit.
Die Arbeitswelt hat sich jedoch gewandelt: Körperlich hart arbeitende Menschen werden weniger, gleichzeitig nehmen in manchen Branchen Arbeitsverdichtung und Stress bis hin zum Burnout zu. Seit 2010 schlägt sich diese Entwicklung auch in der Statistik über die häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit nieder. Seitdem sind nicht mehr Erkrankungen am Bewegungsapparat die häufigste Ursache, sondern psychische Gründe wie etwa Depressionen oder Burn-out. Knapp jede dritte Person, die heute berufsunfähig wird, muss wegen psychischer Erkrankungen den ausgeübten Beruf aufgeben.
Wer in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist und nach dem 1. Januar 1961 geboren ist, hat den Schutz der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente. Die Renten aus dieser gesetzlichen Versicherung sind jedoch meist zu gering, um den Lebensstandard zu halten.
Zudem gibt es eine volle Erwerbsminderungsrente nur für diejenigen, die weniger als drei Stunden täglich arbeiten können. Wer zumindest noch einige Stunden am Tag irgendeiner bezahlten Tätigkeit nachgehen kann, bekommt von der Rentenversicherung – nichts. Betroffene müssen vielmehr jede andere Arbeit annehmen, die sie noch ausüben können. Der mögliche Verlust des beruflichen Status spielt dabei keine Rolle.
Jüngere Arbeitnehmer trifft eine Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit in der Regel finanziell besonders hart. Da sie noch nicht lange gearbeitet haben, sind ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente sehr gering. Wie hoch die Ansprüche auf diese gesetzliche Rente sind, können Angestellte ihrer jährlichen Renteninformation entnehmen, die von der Deutschen Rentenversicherung verschickt wird.
Vor dem Abschluss einer BU-Versicherung stellen Versicherer Fragen. Mit der Gesundheitsprüfung schätzt der Versicherer die Wahrscheinlichkeit ab, dass bei dem Versicherten ein Leistungsfall eintritt. Gibt es Vorerkrankungen? Gesundheitliche Beeinträchtigungen? Oder gar gefährliche Hobbys? Die Fragen müssen Kunden ehrlich beantworten, andernfalls kann der Versicherer später Leistungen verweigern. Das Ergebnis der Prüfung fließt in die Berechnung der Prämie ein. Wer ein niedrigeres Risiko für den Verlust der Arbeitskraft aufweist, weil er zum Beispiel nicht raucht, bekommt auch einen günstigeren Vertrag.
Arbeitnehmer sollten sich so frühzeitig wie möglich um diese Versicherung kümmern. Der Grund: Die Höhe der Beiträge ist abhängig vom Alter des Versicherten. Selbst Schüler und Studenten können BU-Versicherungen abschließen, um sich niedrige Beiträge zu sichern.
In diesem Fall gilt: Je jünger man in die Berufsunfähigkeitsversicherung eintritt, desto geringer fallen die Beiträge aus. Der Grund: Junge Menschen sind meist noch gesünder und haben nur selten relevante Vorerkrankungen. Wer erst dann zum Versicherer geht, wenn das Risiko für eine Berufsunfähigkeit deutlich gestiegen ist, für den ist der Berufsunfähigkeitsschutz oft teurer oder nur mit Zuschlägen oder Ausschlüssen zu haben.
Die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente ist individuell vereinbar. Sinnvoll ist eine Orientierung am letzten Einkommen. In der Regel sichern die BU-Versicherer maximal ein Niveau von 75 bis 80 Prozent des Nettoverdienstes ab. Ein Rechenbeispiel: Wer 2.000 € netto verdient, kann höchstens eine Berufsunfähigkeitsrente zwischen 1.500 und 1.600 Euro vereinbaren.
Weil unser Geld wegen der Inflation im Laufe der Zeit ganz automatisch an Wert verliert, sollte auch die BU-Rente mitwachsen. Dazu kann von Anfang an eine Dynamisierung, das heißt regelmäßige Anpassung der Versicherungsleistung (=Rente) und -beiträge, in den Vertrag aufgenommen werden. Vorteil: Der Versicherer führt keine erneute Gesundheitsprüfung durch.
Je nach Beruf und individuellem Bedürfnis kommen grundsätzlich auch andere Versicherungen in Frage, das Risiko eines Verlusts der Arbeitskraft abzudecken. Dazu zählen etwa die Grundfähigkeitsversicherung oder die Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Letztere kann etwa für Arbeitnehmer in körperlich anstrengenden Berufen interessant sein.
Dread-Disease-Versicherungen leisten, wenn eine schwere Krankheit wie etwa Krebs oder Multiple Sklerose eintritt, die auch Ursache einer Berufsunfähigkeit sein kann.
Multi-Risk-Versicherungen sorgen für einen Rundumschutz gegen Erkrankungen und Unfälle, indem sie verschiedene Bausteine aus den anderen Versicherungen kombinieren. Auch eine private Unfallversicherung kann in bestimmten Konstellationen den richtigen Versicherungsschutz bieten.